Missing media Manchmal
hat man das Gefühl, dass unser Hobby, das Computerspielen, wenn schon
nicht gerne gesehen, so doch akzeptiert wird. Aber ab und an gibt es
Zeitungsartikel oder Newsbeiträge in den Öffentlich-Rechtlichen, die
die Grenzen des Populismus überschritten haben und einfach nur schlecht
recherchiert und falsch sind.

So einen Fall haben wir leider kürzlich in der Hersfelder Zeitung gehabt: Ein Kriminologe hat wieder einmal alles Schlechte der Welt auf die Computerspiele geschoben.

Christian Pfeiffer möchte gerne gehört werden. Er ist 63 Jahre
jung, war schon Justizminister in Niedersachen und kann alles in allem
auf ein erfülltes Leben zurückblicken: Er studierte
Rechtswissenschaften und Sozialpsychologie und galt in seiner aktiven
Zeit als radikaler Medienkritiker. Das reicht ihm allerdings nicht, er
möchte weiter mitreden und da die CSU gerade wiedereinmal eine
Diskussion über Sinn und Zweck von "Killerspiel"-Verboten anberaumt
hat, fand er ein neues Betätigunsfeld: Die Computerspiele.

Pfeiffer ist ein Freund der einfachen Gedanken und simplen Zusammenhänge: Die Shell Jugendstudie 2007
konstatierte, dass es mit den Jungs in unserer Gesellschaft bergab
geht: Prozentual würden mehr Jungs als Mädels die Schule abbrechen,
würden die Kerle schlechtere Leistungen in der Schule abliefern und
langsam anfangen, wie man hinter vorgehaltener Hand flüstert, zu
verrohen. Pfeiffer sieht die Gründe dafür als einziger so klar und
eindeutig: Jungs spielen mehr Computer als Mädchen. Das heißt, dass
Computerspiele dumm machen und vielleicht sogar für den Untergang
unserer abendländischen Gesellschaft verantwortlich sein können.

Diese monokausalen Zusammenhänge sind typisch für Kritiker ohne Ahnung, wie der Medienexperte Wolfgang Bergmann im Spiegel Interview
feststellt: Bergmann meint, dass man vor allem als Kritiker erst einmal
die Faszination des "harmlosen" Counterstrikes erleben müsse um daraus
eventuelle Gefahren ableiten zu können. Denn es ist Fakt, wie
zahlreiche Studien belegen, dass Computerspiele nun einmal das Lernen
behindern können: Dopamin wird ausgeschüttet, das Computerspiel regt
einen an, was nun einmal keine günstige Bedingung dafür ist, erlerntes
(Schul-)Wissen zu behalten. Allerdings tritt diese Dopaminausschüttung
bei jeglichem Hobby auf: Ob der Briefmarkensammler nun endlich durch
Zufall seine Blaue Mauritius erhält oder der Leadgitarrist sein Solo
fehlerfrei spielen kann: Man hat nun einmal Hobbys um sich abzulenken.

Was wir benötigen sind eben nicht solche Vereinfachungen und
Verallgemeinerungen sondern eine differenzierte, wissenschaftliche und
vor allem ernstgenommene Diskussion über die Wirkung von
Computerspielen: Eine kürzlich veröffentlichte Studie von TNS Infratest
belegt, dass Computerspiele nicht nur von Jugendlichen, sondern von der
gesamten Gesellschaft rezipiert werden. Dieser Fakt kommt in der
öffentlichen Diskussion überhaupt nicht vor.

Die Werbeagentur Jung von Matt hat im Zusammenhang mit anderen Partnern
interessante Ergebnisse über das Daddelverhalten der Deutschen
veröffentlicht – doch davon erfährt man in der Tagespresse nichts. Es
ist eben einfacher einen Sündenbock zu haben – in den 50ern war's der
Rock'n'Roll, in den 80ern Hip Hop und heutzutage eben die
Computerspiele.